Unzumutbarkeitsgrenze
Die "Unzumutbarkeitsgrenze" ist ein zentrales Abrechnungsinstrument für Zahnarztpraxen, das bei stark gestiegenen Materialkosten hilft, wirtschaftlich zu arbeiten.
Was bedeutet Unzumutbarkeitsgrenze?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat 2004 entschieden, dass Materialkosten zusätzlich zur GOZ-Leistung berechnet werden dürfen, wenn sie das Honorar der Leistung aufzehren oder übersteigen. Diese Grenze nennt man "Unzumutbarkeitsgrenze".
Konkrete Grenzen (je nach Steigerungsfaktor):
GOZ-Faktor
Materialkosten überschreiten...
1,0 (einfach) 100 % der Gebühr
2,3 (Regelwert) ab 75 % der Gebühr
3,5 (maximal) ab 50 % der Gebühr
Was heißt das in der Praxis?
Wenn das verwendete Material mehr kostet als diese Grenzen, kann es zusätzlich zur GOZ-Leistung abgerechnet werden – selbst wenn es laut GOZ eigentlich nicht separat berechnungsfähig ist.
Beispiel: Kronentrenner zur Nr. 2290 GOZ
- Einfachsatz (1,0-fach): 10,12 €
- Steigerung auf 2,3-fach → 23,28 €
- Steigerung auf 3,5-fach → 35,43 €
Kronentrenner-Kosten: 26,53 €
Bei 1,0-fach (Grenze: 10,12 €) → überschritten → anwendbar
Bei 2,3-fach (Grenze: 17,46 €) → überschritten → anwendbar
Bei 3,5-fach (Grenze: 17,72 €) → überschritten → anwendbar
Hinweis auf Überschreitung im Behandlungsplan hilfreich!
Wichtig für die Praxis:
- Preise regelmäßig prüfen (mehrmals pro Jahr)!
- Einkaufspreise der Praxis verwenden (nicht Katalogpreise).
- Bei Packungen den Einzelpreis pro Anwendung errechnen.
- Dokumentation: Wann, wie oft, bei wie vielen Zähnen verwendet?
- Manche Leistungen gelten je Kieferhälfte (z. B. 0080 GOZ), nicht je Zahn – also Materialeinsatz genau dokumentieren!
Fazit:
- Hohe Materialkosten = zusätzliche Abrechnung möglich.
- Wenn nicht möglich: individuelle Honorarvereinbarung (§ 2 GOZ) erwägen.
- Die Unzumutbarkeitsgrenze hilft Praxen wirtschaftlich zu bleiben – aber nur, wenn sie konsequent genutzt wird.
Auszug aus der Info-Broschüre "Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen"
Handelt ein Zahnarzt bei der Bestellung von Dentalmaterialien einen Mengen- bzw. Preisrabatt aus, ist dies unproblematisch, sofern die Rabatte 1 : 1 an den Patienten oder den Kostenträger weitergegeben werden.
Die Gewährung eines Skontobetrags von bis zu 3 %, der für einen kurzfristigen Rechnungsausgleich eingeräumt wird, ist stets zulässig. Dieser ist auch nicht als Rabatt, sondern als Zinsausgleich einzuordnen.
Anders liegt es bei intransparenten bzw. verdeckten Preisnachlässen, die ausschließlich dem Heilberufsangehörigen zufließen ‒ etwa Boni, Geschenke, "Treueprämien" oder umsatzbezogene Rückvergütungen ("Kick-backs"), also Geld- oder Sachleistungen, die abhängig vom Umsatz gewährt werden